English version below
Ich hätte von mir nicht gedacht, dass ich jemals einen Blog über Schuldgefühle schreiben werde. Immer wenn ich dies von Frauen vor allem von Müttern gehört habe, dachte ich mir „Ja, ja, ihr seid einfach noch in einem alten Denkmuster!“ Oder ganz schlimm „Ihr seid selbst „Schuld!““. Ich spreche von dem ständigen Begleiter Schuld als Mutter und arbeitende Frau. Das Gefühl kam schleichend auf und ich konnte es erst beim Namen nennen, als jemand zu meinem Mann sagte „Ah, du bist als die Haupterziehungsperson.“ Damals reagierte ich so stark auf diese Aussage, dass ich diese Person nicht unsanft zur Rede stellte. Dass Geld nun einmal nicht von allein ins Haus komme, ich ebenfalls für meinen Sohn mehr als da bin und mein Mann auch seine 5 Stunden pro Tag für seine Arbeit und sich bekomme.
Allein im Zimmer versuchte ich zu reflektieren, woher diese Emotionen gekommen sind. Warum ich mich „verteidigen“ musste. Was fühlte ich gerade – Schuld. Nicht bei meinem Sohn die ganze Zeit zu sein. Nicht 100% präsent bei der Arbeit zu sein. Nicht mehr die leidenschaftliche Geliebte in der Partnerschaft zu sein. Nicht mehr die Sportliche. Nicht mehr die Reflektierte. Nicht mehr Ich.
Ich musste innehalten, atmen und auch etwas weinen. Ich wurde wütend. Isa, als emanzipierte Frau musst du dich nicht verteidigen, nicht schuldig fühlen, nichts begründen. Und doch mache ich es in den stillen und auch lauten Momenten. Mir wurde bewusst, dass ich mehr von der Gesellschaft und unserem Frauen- oder Mutterbild - oder sagen wir allgemeiner gesprochen - dem Familienbild geprägt bin als gedacht. Ich merke, dass ich nicht viele Rollenbilder von Familien finde, welche die Hausarbeit, Job und Kindererziehung wirklich 50/50 vorleben. Mein Mann und ich sind in all den Dingen wirklich wunderbar auf Augenhöhe und dennoch… plagt mich das Gefühl Schuld. Er sagt zu mir immer, dass er keine Probleme damit hat, und auch nicht will, dass ich so empfinde.
Von meiner Familie intern kommt der Druck also nicht. Und von Aussen? Nicht von meinem direkten Umfeld, nein. Indirekt vielleicht schon. Über all die Jahre, all die Rollen, all die verschiedenen Einflüsse. Wichtig erscheint mir dabei, dass das Thema nicht nur für die Frau gilt, sondern als Familie gemeinsam. Es sind zwei Erwachsene, welche eine Entscheidung treffen, welche einen Einfluss auf beide hat. Fällt es Männern einfach einfacher mit der Schuld umzugehen? Mein Mann verneint dies, es seien andere Themen wie Männlichkeit oder falscher Stolz, welcher vielleicht mehr ans Tageslicht dringen. So hat jeder doch sein Päckchen zu tragen. Die Frage ist nur, woher kommt der Inhalt. Ist es mein Inhalt? Oder von jemandem anderen? Von einer anderen Generation?
Schuld: Ursache von etwas Unangenehmem, Bösem oder eines Unglücks, das Verantwortlichsein, die Verantwortung dafür / bestimmtes Verhalten, bestimmte Tat, womit jemand gegen Werte, Normen verstösst; begangenes Unrecht, sittliches Versagen, strafbare Verfehlung (Oxford Languages)
Verstosse ich gegen Normen? Tue ich Unrecht? Bin ich verantwortlich für etwas Unangenehmes oder gar Unglück?
Diese Fragen zu stellen, scheint mir wichtig. Wichtig, diese ehrlich mit mir und auch in der Familie anzuschauen. Ist „Schuld“ in diesem Zusammenhang überhaupt das richtige Wort? Wenn ich die Definition lese, merke ich, wie befreiend es doch ist, das ich weiss, dass ich meine Antworten auf diese Fragen habe. Woher gewisse Dinge eventuell kommen und kann so Muster aufbrechen und neu definieren.
Ich wünsche den Elternteilen da draussen, dass die Thematik Schuld offen angesprochen werden darf. Dass ihr gemeinsam eine Definition findet und wir uns so alle von gewissen „Erbschulden“ befreien und in der heutigen Zeit ankommen dürfen. Alle gemeinsam, als Familien – als Individuen ohne sich schuldig zu fühlen. Doch was fühlen wir dann?
I never thought I would ever write a blog about guilt. Whenever I heard this from women, especially mothers, I thought to myself "Yes, yes, you're just still in an old way of thinking!" Or even worse, "It's your own fault!". I'm talking about the constant companion guilt as a mother and working woman. The feeling came creeping up on me and I was only able to name it when someone said to my husband, "Ah, you're the main carer." At the time, I reacted so strongly to this statement that I did confront the person rudely. That money doesn't come into the house on its own, that I am also more than there for my son, and that my husband also gets his 5 hours a day for his work and himself.
Alone in the room, I tried to reflect on where these emotions had come from. Why I had to "defend" myself? What was I feeling right now - guilt. Not being with my son all the time. Not being 100% present at work. No longer being the passionate lover in the partnership. No longer the sporty one. No longer the reflective one. No longer me.
I had to stop, breathe, and even cry a little. I became angry. Isa, as an emancipated woman, you don't have to defend yourself, feel guilty, or justify anything. And yet I do it in the quiet and also loud moments. I realised that I am more influenced by society and our image of women or mothers - or let's say more generally speaking - the family image than I thought. I realise that I don't find many role models of families that truly exemplify housework, job and child rearing 50/50. My husband and I are really on the same level in all these things and yet... I still feel guilty. He always tells me that he has no problems with it and doesn't want me to feel that way either.
So the pressure doesn't come from within my family. And from the outside? Not from my direct environment, no. Indirectly, perhaps. Over all the years, all the roles, all the different influences. It seems important to me that the issue doesn't just apply to the woman, but to the family as a whole. It's two adults making a decision that has an impact on both of them. Is it simply easier for men to deal with the guilt? My husband denies this, saying that there are other issues such as masculinity or false pride that perhaps come to light more. So everyone has their own baggage to carry. The only question is, where does the content come from? Is it my content? Or from someone else? From another generation?
Guilt: cause of something unpleasant, evil, or a misfortune, being responsible for it, responsibility for it / certain behavior, certain deed, with which someone violates values, norms; committed injustice, moral failure, punishable misconduct (Oxford Languages)
Am I violating norms? Am I doing wrong? Am I responsible for something unpleasant or even unfortunate?
It seems important to me to ask these questions. It is important to look at them honestly with myself and with my family. Is "guilt" even the right word in this context? When I read the definition, I realise how liberating it is to know that I have my answers to these questions. Where certain things may have come from, and I can break patterns and redefine them.
I wish the parents out there that the topic of guilt can be addressed openly. That you can find a definition together and that we can all free ourselves from certain "inherited debts" and arrive in today's world. All together, as families - as individuals without feeling guilty. But what are we feeling then?