Ich stehe auf einer Art Teppich, welcher wir über den Sand gelegt haben, in meiner rechten Hand ein Gewehr. Ich muss den vorangegangenen Satz nochmals lesen, dann schüttle ich immer noch ungläubig den Kopf und schreibe jetzt weiter. Wie surreal dies doch ist, dass ich jemals in meinem Leben schiessen gelernt habe und mit einer Waffe durch den Busch laufe. Mir ist wichtig, dass auch wenn es in diesem zweiten Guiding Kurs einen Grossteil um das Waffenhandling geht, bei einer Safari Guide Ausbildung und vor allem später im Beruf, dies nicht der Fokus ist. Es geht darum, die Umwelt und Tiere zu verstehen und zu schützen. Denn nur wenn wir verstehen, kümmern wir uns. Nur wenn wir uns kümmern, helfen wir. Und nur wenn wir helfen, kann die Natur/Umwelt gerettet werden.
Zurück zum Teppich: Diesen hatten wir auf den Boden gelegt, dass wenn die Fake-Munition aus dem Gewehr springt, wir nicht jedes Mal den Sand zurück ins Gewehr tragen, wenn wir diese zum Üben wiederverwenden und dort was weiss anstellen… Wir haben jeweils vor den praktischen Einsätzen der Gewehre lange Theorie-Lektionen über Ballistik, Schiessübungen, Munitionsberechnung und über die 15 Goldenen Regeln, wie wir eine Waffe handhaben. Jetzt versuchen wir uns an die nicht geladenen Gewehre zu gewöhnen und die Regeln zu wiederholen. Denn eine der wichtigen Regeln: behandle alle Waffen, als wären sie geladen. Ausserdem führen wir einen Kontrollgang an den Rifle’s durch und benennen alle Teile sowie deren Funktionen dazu. Wir haben zwei Sorten von Rifle’s resp. vor allem der Magazin-Sorten (.375 oder .458 Winchester Magnum). Damit ihr euch ein Bild machen könnt, was ich da jeweils herumgetragen habe.
Ich übe also das Laden eines Gewehres mit Munition, das Entladen, das Zielen und die Abläufe. So versuche ich nun innert 17 Sekunden ein Gewehr zu laden und dann zu zielen (also nur so tun) – und das Ganze mit verbundenen Augen. Das Entladen findet dann immer noch blind statt, aber ohne Zeitdruck. Die Zeit stoppt, sobald wir das Gewehr an der Schulter und der Finger am Trigger haben. Das Ziel ist es, dass wir die Abläufe so verinnerlicht haben, dass wir nicht überlegen und vor allem nicht hinschauen müssen. Hier zwei Videos, wie das Ganze aussieht: http://www.guidetrainingcourses.com/get-a-head-start/watch-a-video/ Wir haben wenige Sekunden, falls es zu einem Ernstfall kommt. Innert 10 Meter dürfte man erst schiessen und ein Löwe z.B. rennt 22 Meter pro Sekunde – also würde mir nicht viel Zeit bleiben. Es geht hier nicht darum, dass wir Tiere töten wollen. Es ist eine Sicherheitsmassnahme im Ernstfall. Erfahrung, Respekt und Lesen des Tierverhaltens sowie Wissen sind die wichtigen Eckpfeiler eines guten Safari Guides und nicht das Töten eines Tieres.
Die Abläufe konnte ich mir erstaunlich schnell einprägen und diese flüssig durchgehen. Aus diesem Grund ist die Zeit kein Problem für mich und ich bestehe die erste Teilprüfung meines Examens. Anders als bei der südafrikanischen Variante (FGASA), kann bei der botswanischer Variante (BQA) jeweils die Aufgaben an verschiedenen Tagen als Teilprüfung absolviert werden.
Während wir die Übungen immer wiederholen, sprechen wir am Ende jeweils den folgenden Satz, auch bevor wir das Gewehr an eine andere Person weitergeben: «Magazine empty, chamber clear, rifle safe». Der Empfänger der Waffe wiederholt dieselbe Prozedur: «Magazine empty, chamber clear, rifle safe». (siehe Videolink oben)
Am Ende des Tages habe ich diesen Satz so oft gesagt, dass er mir, ich darf es fast nicht sagen, schon fast wie ein Mantra vorkommt. So stehe ich unter der Dusche, drehe den «Hahn» meiner Eimerdusche auf und sage leise: «Magazine empty, chamber clear, rifle safe». Auch als ich schon im Bett liege, nochmals den heutigen, surrealen Tag Revue passieren lasse, murmle ich schlaftrunken vor mich hin: «Magazine empty, chamber clear, rifle safe».